Buchkritik -- Philip Kerr -- Der Wintertransfer

Umschlagfoto, Philip Kerr, Der Wintertransfer, InKulturA Ein Kriminalroman, der im Dunstkreis des Profifußballs angesiedelt ist, geht das überhaupt? Anscheinend ja, zumindest wenn der Autor Philip Kerr heißt. Es ist kurz vor Weihnachten und Scott Manson, der Co-Trainer des Erstligisten London City hat alle Hände voll zu tun, um seinen Klub unbeschadet durch die Feiertage zu bringen. Es gibt viel Arbeit, die verwöhnten Kicker, die außer Fußball nur Party, Drogen und leichte Mädchen im Kopf haben, müssen von Manson permanent beaufsichtigt werden, damit sie der Boulevardpresse kein Futter für reißerische Storys bieten. Zusätzlich sorgen die Wintertransfere für Unstimmigkeiten zwischen Vereinsführung und Spielern.

"Der Wintertransfer", so auch der Titel des Romans, bietet eine gelungenen Mischung aus typisch englischem Kriminalroman und Einblicken in das manchmal schmutzige Geschäft des Profifußballs. Als der portugiesische Trainer des Vereins ermordet wird, beauftragt der Besitzer des Klubs, ein zwielichtiger Russe, Scott Manson damit, auf eigene Faust und hinter dem Rücken der Polizei Ermittlungen zu führen und den oder die Täter aufzuspüren.

Unbeliebt gemacht hat sich Zarco bei vielen Kollegen und Journalisten, so dass die Liste der möglichen Verdächtigen lang ist. Je mehr Manson sich mit dem Fall beschäftigt, desto tiefer taucht er ein in das Milieu hinter der offiziellen Fassade des Fußballs. Heile Welt? Denkste! Bestechung, Korruption, Organisiertes Verbrechen und die Machenschaften sog. Spielervermittler stehen den Nachforschungen des Co-Trainers im Wege und der ist einmal mehr davon überzeugt, den Fall nicht lösen zu können.

Philip Kerr hat einen Roman geschrieben, der als Krimi daherkommt, vielmehr jedoch ein Thriller über das millionenschwere Geschäftsmodell Fußball ist. Er gibt Einblicke jenseits des Spielfeldes, die so gar nicht in das sportliche Saubermannimage dieses Sports passen wollen.

Des Lesens und Schreibens unkundige Spieler, deren Intelligenzquotient irgendwo zwischen Amöbe und Bandwurm liegt, die es aber verstehen, zur rechten Zeit ins gegnerische Tor zu treffen, sind schwer zu bändigen. Scott Manson hat also alle Hände voll zu tun, um diesen Zirkus unter Kontrolle zu halten.

"Der Wintertransfer" ist ein Krimi, der seinem Leser, zumindest wenn der wenig fußballaffin ist, nicht viel Vergnügen bereiten dürfte. Eine gewisse Portion Begeisterung für diesen Sport sollte man schon haben, wenn man den Roman richtig genießen möchte. Leider, und das ist das typisch Englische an diesem, vom Verlag als Thriller beworbenem Krimi, wird zum Schluss der Täter präsentiert, wie das aus dem Hut gezogene Kaninchen eines Varieteekünstlers.

Wer hinter die Kulissen dieses Profifußballs blicken möchte, dem bietet "Der Wintertransfer" einige spannende Einblicke. Wer in erster Linie einen spannenden Kriminalroman lesen möchte, der wird etwas enttäuscht sein.




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Veröffentlicht am 29. August 2015