Buchkritik -- Heike Trojnar -- Wie ein Esel mit Holz

Umschlagfoto, Heike Trojnar, Wie ein Esel mit Holz, InKulturA Als Kyra am Ende der 50er Jahre als achtes Kind einer armen griechischen Familie zur Welt kommt, scheint ihr Lebensweg vorgezeichnet zu sein. Als Mädchen, später als junge Frau, muss sie sich den harten Regeln einer patriarchalisch organisierten Gesellschaft unterwerfen. Der Schulunterricht, der ohnehin nur bis zum 13. Lebensjahr währt, wird oft unterbrochen von den prekären familiären Verhältnissen und die junge Kyra muss dann als Erntehelferin oder Näherin zum Lebensunterhalt der Familie beitragen.

Es ist ein hartes Leben, das geprägt ist von väterlicher Brutalität und einer besonders strengen traditionellen weiblichen Erziehung, die wenig Platz lässt für individuelle Entfaltung. Doch Kyra will sich nicht damit abfinden ein Leben führen zu müssen, das bestimmt wird von herkömmlichen gesellschaftlichen Regeln. Sie will allein über ihre Zukunft entscheiden und so nutzt sie die sich bietende Gelegenheit nach Deutschland zu gehen und dort Arbeit zu suchen.

Kann das gutgehen? Für eine junge Frau, die sich während ihres bisherigen Lebens noch nie weiter als ein paar Kilometer von ihrem Heimatdorf entfernt hat, die nur ihre Muttersprache spricht und deren Schulbildung rudimentär ist, stellt der Umzug nach Deutschland nicht nur einen Sprung in die ersehnte Freiheit dar, sondern ist vor allem ein Kulturschock, der sie mit neuen Problemen konfrontiert.

Heike Trojnar erzählt in dem biographischen Roman "Wie ein Esel mit Holz" die bewegende Lebensgeschichte einer Frau, die, mit Höhen und Tiefen, ihren Weg geht. Von der griechischen Heimat, die Autorin beschreibt deren Schönheit mit eindringlichen Worten, die doch in so großem Kontrast zu Kyras Lebensrealität stehen, ins Wirtschaftswunderland Deutschland, dessen Industrie händeringend nach - billigen - Arbeitskräften sucht.

Die so sehnsüchtig erstrebte Freiheit im Ausland hält für ein, bei allem Respekt, naives junges Mädchen aus einem kleinen griechischen Dorf allerdings Tücken und Fallstricke bereit, in denen Kyra sich zwangsläufig verfangen muss.

Heike Trojnar zeichnet den Lebensweg einer einfachen Frau nach, der es gelingt, selbständig für ihre Existenz, und die ihrer Kinder, zu sorgen. Sie bedient sich dabei einer direkten und unprätentiösen Sprache, die es versteht sowohl die Schönheit der griechischen Landschaft als auch die damit kontrastierende Härte von Kyras jungen Jahren stimmig und stringent zu beschreiben.

Die Leser werden gerade im ersten Teil, in dem die Autorin Kyras Jugendzeit in Griechenland beschreibt, mit einer Welt konfrontiert, die, zumindest für die heutige Generation, so weit entfernt ist, dass sich nicht wenige die Augen reiben dürften angesichts der rigiden gesellschaftlichen Maßstäbe des Griechenlands der 50er Jahre.

Hauptsächlich jedoch ist "Wie ein Esel mit Holz" eine Hommage für all die namenlosen Frauen, denen es gelang - und gelingt - sich gegen eine das weibliche Geschlecht unterdrückende Tradition zur Wehr zu setzen. Dass die dadurch errungene Freiheit jedoch wieder andere, nicht minder schwere Probleme mit sich bringt, muss auch die Protagonistin schmerzhaft erfahren. Persönliche Freiheit gibt es nirgendwo zum Nulltarif.




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Veröffentlicht am 7. Juni 2015