Buchkritik -- Sue & Wilfried Schwerin von Krosigk -- Der Totenversteher

Umschlagfoto, Buchkritik  --  Sue & Wilfried Schwerin von Krosigk  --  Der Totenversteher , InKulturA Wie gewonnen, so zerronnen. Finanziell schien sich für Hartung Siegward Graf von Quermaten zu Oytinghausen alles zum Besten zu entwickeln, ist doch Hasi, wie er von allen genannt wird, der Erbe der beträchtlichen Hinterlassenschaft seiner Tante Pudel. Leider löste sich der Traum vom pekuniär sorgenfreien Leben schnell in Luft auf, denn der Investmentberater, dem Hasi auf Anraten seines Vetters Baron Ludwig von Ettal, genannt Brezel, die Verwaltung seines Vermögens anvertraut hat, erweist sich als Betrüger.

Als wenn der Verlust des Erbes nicht bereits schlimm genug wäre, droht ihm auch der Verkauf des Hauses seiner Tante und ihm selber die Obdachlosigkeit. Gut also, dass seine Nachbarin Meike ihm für eine gewisse Zeit eine Bleibe anbietet. Als sie erfährt, dass Hasi immer wieder mit seiner verstorbenen Tante Kontakt hat, intensiviert sich die Beziehung, zumindest von ihrer Seite, denn Meikes Leben ist bestimmt von esoterischen Überzeugungen.

Mitten drin in dem Chaos aus drohender Armut, einer unliebsamen Beziehung und einer weiteren viel versprechenden Beziehung betritt auch noch ein Auftragskiller die Bühne, der Hasi als vermeintlichem Zeugen seines Mordes an den Kragen will. Für normale Menschen eigentlich genug Gründe für diverse Panikattacken, für den verarmten Grafen jedoch kein Anlass zur Aufregung.

Hasi hat nichts und kann noch viel weniger. Sogar die Bemühungen Brezels ihm, quasi als Wiedergutmachung für den fatalen Tipp zur Anlageberatung, einen Job in der militärischen Hierarchie der Bundeswehr zu verschaffen, scheitern an Hasis Unvermögen, die Dinge so zu sehen wie sie sind.

Oder, und das macht den besonderen Reiz dieses nunmehr dritten Romans um den gutmütigen, und naiven, jedoch stets die Etikette wahrenden mittellosen Grafen aus, ist dieser Anti-Held aus der Feder des Autorenduos Schwerin von Krosigk nicht in Wirklichkeit derjenige, der, wenn auch ungewollt, den eigentlichen Durchblick hat?

Das Leben, komme da was wolle, kann ihn einfach nicht kleinkriegen. Jeden noch so skurrilen Vorfall, jeden Kontakt, sei es der mit habgierigen Galeristen, mit ebensolchen Rechtsanwälten oder das unfreiwillige Eintauchen in die Esoterikszene übersteht Hasi, wie von einen unsichtbaren Blase geschützt, unbeschadet.

Es macht einmal mehr Spaß, diesem, man muss ihn einfach gern haben, Schlacks dabei zuzuschauen, wie er den vielen Fallen, die das Leben ihm stellt, mit unwissender Unbekümmertheit entgeht. Auch dieser „Fall“ ist eine rasant-amüsante Jagd durch die Berliner Gesellschaftsszenen. Esoteriker, die bei der Meditation in gesunden Schlaf fallen, eine habgierige „bessere Gesellschaft“ und ein am Sinn seines Berufes zweifelnden Kriminalpolizist. Kurz gesagt, oft mehr Schein als Sein, dem ausgerechnet Hartung Siegward Graf von Quermaten ein Bild vager Normalität entgegensetzt.

Einmal mehr Chapeau! für die Autoren Sue & Wilfried Schwerin von Krosigk.




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Veröffentlicht am 10. Oktober 2018