Buchkritik -- Robert B. Stinnett -- Pearl Harbor

Umschlagfoto  -- Robert B. Stinnett  --  Pearl Harbor Der japanische Angriff auf Pearl Harbor am 7. Dezember 1941 markierte den Wendepunkt der bis dahin isolationistischen Politik der Vereinigten Staaten von Amerika und führte direkt zum Kriegseintritt der USA und zum Kampf gegen die Achsenmächte Deutschland, Japan, Italien und ihrer Verbündeten. War dieser Überfall tatsächlich so überraschend oder wußte die damalige US-amerikanische Führung unter dem Präsidenten Franklin D. Roosevelt schon im voraus Bescheid?

Robert B. Stinnett ist dieser Frage in seinem Buch nachgegangen und kommt zu dem Schluß, daß der japanische Angriff durch die Politik der USA provoziert wurde. War die amerikanische Öffentlichkeit davor gegen einen Kriegsbeitritt Amerikas, so bestand Einigkeit danach. Der 7. Dezember 1941 wirkte als Katalysator für einen schnellen Kriegseintritt der USA. Während sich die Wirtschaft schon Jahre vorher, noch in Friedenszeiten, auf den Kriegseintritt vorbereitete, mußte die Bevölkerung noch davon überzeugt werden. Der Angriff auf Pearl Harbor kam genau im richtigen Augenblick. Die öffentliche Meinung schwenkte um und Amerika beteiligte sich am 2. Weltkrieg.

Stinnett legt Beweise vor, die belegen, daß die amerikanische Führung sehr wohl über den Zeitpunkt und den Ort des japanischen Angriffs Bescheid wußte. Trotzdem hat sie ausschließlich aus politischem Kalkül den Tod von über 2500 ihrer Bürger in Kauf genommen, um einen Grund für den Kriegseintritt zu haben. Der Autor zeigt fast minutiös den Aufmarsch der japanischen Flotte und die mehr als deutliche Weigerung der US-amerikanischen Führung, dies wahrzunehmen.

Abgefangene und dechiffrierte Funksprüche der Japaner ließen, so Stinnett, eindeutig auf Zeit und Ort des Angriffs schließen. Den befehlshabenden Kommandeuren der Pazifikflotte, Admiral Kimmel und Admiral Stark wurden wichtige Erkenntnisse der Geheimdienste vorenthalten. Pearl Harbor war aus der Informationskette ausgeschlossen. Obwohl als Spione enttarnt, konnten sich japanische Geheimdienstler in aller Ruhe ein Bild der Hafenanlagen machen und dies ihrer Regierung in Tokio übersenden.

Auf Befehl der Regierung wurden alle modernen Schiffe aus Pearl Harbor abgezogen und nur altes Material verblieb im Hafen. Ebenso erweist sich die amerikanische Behauptung von der absoluten Funkstille der japanischen Angriffsflotte als Lüge. Stinnett beweist, daß es einen äußerst regen Funkverkehr zwischen den Schiffen der Angriffsflotte gegeben hat. Da der japanische Code den Amerikanern längst bekannt war, waren sie also sehr gut über die Aktionen ihres Gegners, der bislang noch kein offizieller war, informiert.

Der Kriegseintritt der USA, so Robert B. Stinnett, wäre so oder so gekommen. Ihm geht es um die Tatsache, daß sich die US-amerikanische Führung bis heute weigert, ihre wahren Erkenntnisse über den 7. Dezember 1941 offen zu legen. Die Familien von 2476 toten amerikanischen Bürgern hätten ein Recht auf die Wahrheit. Doch viele Akten zu diesem Thema liegen immer noch unter Verschluß und werden dort wohl auch noch eine ganze Weile bleiben. Parallelen zum 11.September 2001, als vier Verkehrsmaschinen von Terroristen zu Attentaten benutzt wurden, werden jedenfalls deutlich. Auch hier war die US-amerikanische Regierung im voraus gewarnt, reagierte aber nicht. Kurz danach befanden sich die USA in einem schon lange vorher geplanten Krieg.




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