Buchkritik -- Lars Kepler -- Der Spiegelmann

Umschlagfoto, Buchkritik, Lars Kepler, Der Spiegelmann, InKulturA Die vor Jahren auf dem Heimweg von der Schule verschwundene Jenny Lind wird erhängt auf einem Spielplatz in Stockholm gefunden. Der einzige, der den Täter gesehen haben könnte ist ein unter psychischen Störungen leidender Mann, der Erinnerungslücken hat und seit einem traumatischen Erlebnis nicht in der Lage ist, sinnvolle und zusammenhängende Sätze zu formulieren.

Kommissar Joona Linna kämpft einmal mehr gegen seine eigenen Dämonen an, doch der Tod Jennys und dessen Art und Weise lässt ihn befürchten, dass es noch weitere Opfer gegeben hat und geben wird. Er muss nur seine Chefin davon überzeugen, dass es sich wahrscheinlich um einen Serienmörder handelt. Doch diese will ihn erst gar nicht mit dem Fall betrauen, denn ihr Vorgänger hat wegen Linnas eigenwilliger Methoden seinen Stuhl räumen müssen.

Eigentlich ein guter Plot für einen weiteren spannenden Fall für den genial-destruktiven Ermittler, doch das Autorenehepaar Ahndoril alias Lars Kepler überzieht mit vielen unlogischen Abläufen und unnötiger Brutalität weit das Limit, das zu ertragen der Leser bereit ist.

Zugegeben, jeder liebt Superhelden. Jedenfalls in der literarischen Fiktion. Harte Männer und Frauen, schier unverwüstlich und mit einem überragenden Instinkt fürs Überleben ausgestattet. Doch wenn, wie hier, der aus Finnland stammende Kriminalpolizist schwer verletzt ins Krankenhaus eingeliefert wird und er, wie es im Roman heißt „Kein lebenswichtiges Organ war verletzt, aber die Blutung war traumatisch und lebensbedrohlich. Er befand sich im vierten und gefährlichsten Stadium eines hypovolämischen Schocks. Gewebe und beschädigte Blutgefäße wurden genäht, die Bauchhöhle drainiert, er bekam massenweise Bluttransfusionen und wurde mit Kristalloiden und Faktorpräparaten behandelt“, aber trotzdem nach kurzer, sehr kurzer Zeit wieder auf die Jagd nach dem Mörder geht, dann hat das doch eher etwas mit der Unverwüstlichkeit von Comicfiguren aus dem Hause Marvel zu tun, als mit logischer und stimmiger Handlung.

Mitnichten ein Thriller, sondern vielmehr Versatzstücke (muss Linna wirklich in einem Restaurant vor seiner Vorgesetzten auf die Knie fallen und ihre Schuhe putzen, damit er die Erlaubnis für seinen Einsatz bekommt?), die den Eindruck erwecken, „Der Spiegelmann“ sei unter Einfluss von bewusstseinserweiternden Drogen geschrieben worden.

Warum fällt mir dabei die im Roman beschriebene Location „Adlernest“ ein, in der es sich, mitten in Stockholm, also unter den Augen der Staatsmacht, um ein El Dorado für Kriminelle handelt, wo bei Hunde- und Boxkämpfen illegale Wetten platziert werden, Prostitution betrieben wird – wie eklig, einer Servicedame hängt ein benutztes Kondom aus der Vagina, eine andere muss wegen Überarbeitung auf einer Trage fortgeschafft werden – und Drogen in Hülle und Fülle konsumiert werden?

Zwei mit Linna dort ermittelnde Kollegen reichen danach ihren Abschied vom Polizeidienst ein. Echt jetzt? Ich reiche ebenfalls meinen Abschied, genauer gesagt, meinen Verzicht auf weitere „Thriller“ von Lars Kepler ein. Daran kann auch die am Ende des Buches auf den Folgeband weisende mysteriöse Ansichtskarte an die Adresse von Saga Bauer und deren Absender Arthur K Jewel nichts ändern.




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Veröffentlicht am 5. Dezember 2020