Buchkritik -- Mark Allen Smith -- Der Spezialist

Umschlagfoto  --  Mark Allen Smith  --  Der Spezialist Was für ein grandioses Thema hat dieser Roman und welche schriftstellerischen Möglichkeiten - auch für Autoren von Kriminalromanen - hätte er bieten können. Wie wird ein Mensch zu einem professionellen Folterer, also zu jemand, der mit robuster "Informationsbeschaffung" sein Geld verdient? Welche psychischen Mechanismen laufen in seiner Psyche ab und wo liegen seine wirklichen Motive für diese etwas ungewöhnliche Art der individuellen Existenzsicherung?

Mark Allen Smith hat sie leider nicht genutzt. Sein Roman "Der Spezialist" erzählt von Mr. Geiger, der in der Branche der "Verhörspezialisten" wegen seiner subtilen und minimalinvasiven Verhörmethoden einen besonderen Ruf genießt. Nicht die Anwendung von Gewalt ist primär seine Arbeitsweise, sondern vielmehr der Einsatz eher unkonventioneller Methoden wie Suggestion und psychische Beeinflussung seiner, wie er sie nennt "Jones".

Der Leser wird mit einer Geschichte konfrontiert, die, trotz Neugierde erweckend geschriebenem Beginn, schnell in den genreüblichen Klischees von Verfolgungsjagden endet. Gerade die Person des Mr. Geiger bleibt bis auf wenige Ansätze ohne wirkliche Identität. Zwar erfährt der Leser etwas über seine Kindheit, doch es bleibt unter dem Strich zu wenig, um als Leser eine Beziehung zu dieser Figur aufbauen zu können. Es fehlen die Rückblenden in seine Jugend, in seine individuelle Geschichte, um ihn zu verstehen. Welche Rolle spielte der Vater in seiner Erziehung und was für ein Mensch war die Mutter? Die Kürze, in der Smith diese Fragen abgehandelt hat, lässt eher auf ein Drehbuch für eine x-staffelige Fernsehserie schließen, als auf einen in sich abgeschlossenen und logisch konstruierten Roman.

Der Roman wirkt konzeptionslos und erzählerisch wenig stringent. Mr. Geiger wird zwar als innerlich zerstörter Mensch beschrieben, als einer, der von den Dämonen der Vergangenheit gejagt wird, doch alles wendet sich auf einmal zum Besseren, als er erkennt, dass sein Auftraggeber ihn dazu benutzt, um von einem kleinen Jungen den Aufenthaltsort seines Vaters in Erfahrung zu bringen. Nebenbei bemerkt, welcher Vater, der sich verfolgt weiß von mächtigen Feinden, lässt sein Kind mit den Spruch "Mach niemandem die Tür auf", unbeaufsichtigt in der Wohnung zurück? Bereits an dieser Stelle ist auch der wohlmeinendste Leser versucht das Buch als eine grandiose Geldverschwendung abzuhaken.

Das ist die übliche Geschichte von "Böser Mann trifft Kind und wird geläutert" und die wurde bereits bis zum Überdruss plattgeschrieben. Schade, denn dass man als Autor von Kriminalromanen seine Figuren psychisch sehr tiefgehend ausleuchten kann und trotzdem spannende Unterhaltung produzieren kann, dass zeigen die Romane von John Katzenbach.




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