Buchkritik -- Frank Schätzing -- Die Tyrannei des Schmetterlings

Umschlagfoto, Buchkritik, Frank Schätzing, Die Tyrannei des Schmetterlings , InKulturA Künstliche Intelligenz, Parallelwelten und die Möglichkeit, individuelle Fehler nicht zu wiederholen. Was für grandiose Themen für einen Roman! Was macht Frank Schätzing daraus? Ein über 700 Seiten langes, zu langes Buch, in dem vieles, zu vieles auf einmal abgehakt wird. Ein bisschen US-Präsidentenschelte, ein bisschen lesbisches Coming-out, Zeitgeistkritik und, ganz nebenbei, eine Handlung, die verworren und oft unlogisch ist und am Ende in einem platten Mystizismus endet.

Luther Opoku wird zu einem Todesfall gerufen, der sein Misstrauen weckt. War es Mord oder ein Unfall? Die Ermittlungen führen zu einer Forschungsanlage, die vor den Augen der Öffentlichkeit nahezu verborgen, an der Entwicklung einer Künstlichen Intelligenz arbeitet. Es kommt, wie es kommen muss, Luther gerät bei der Verfolgung eines Verdächtigen in ein Paralleluniversum und nach und nach wird ihm klar, dass der Konzern tief in kriminelle Machenschaften verstrickt ist.

Dem Leser von Schätzings Roman "Die Tyrannei des Schmetterlings" wird einiges zugemutet. Wer den Autor kennt, der weiß um seine ausufernden Sätze und Beschreibungen. Philosophisches wird vermischt mit Alltäglichem. Das muss kein Nachteil sein, doch diesmal wäre es besser gewesen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Das Wesentliche? Ja was wäre das in diesem Roman überhaupt?

Kritik am wissenschaftlich Möglichen? Warnung vor dem Ende der Menschheit, sollte KI Realität werden? Der Traum, sein Leben noch einmal anders zu gestalten? Schätzing wirbelt all das durcheinander und macht daraus einen überladenen Roman, dessen Sujets locker für drei oder vier andere ausgereicht hätten.

Apropos überladen: "Der Tag verspricht wolkenlos zu werden. Binnen Kurzem werden die Schatten abgeflossen sein und ihre Geheimnisse mit sich genommen haben, Geisterbilder der Tragödie, gewoben aus Mondlicht. Mitunter, wenn Luther alleine in den Wäldern unterwegs ist, könnte er schwören, im Seufzen des Windes und vielstimmigen Flüstern des Laubes, in all den verschwörerischen kleinen Lauten, die zusammen Stille ergeben, Echos aus einer Zeit zu vernehmen, als Urgewalten den riesigen Granitblock names Sierra Nevada auftürmten, und im kaleidoskopischen Spiel des Lichts auf dem Waldboden nehmen die Toten Gestalt an."

Wer sich angesichts solcher, eines Literaturnobelpreis - der dieses Jahr bekanntlich ausfällt - würdigen Sätze berauscht, der kommt bei der Lektüre voll auf seine Kosten. Für alle anderen ist der Roman eine Zumutung.




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Veröffentlicht am 5. Mai 2018