Buchkritik -- Georg Thiel -- Nachtfahrt

Umschlagfoto, Buchkritik, Georg Thiel, Nachtfahrt, InKulturA Johannes, Lukas, Markus und Matthäus; nein, nicht die Evangelisten, sondern Wiener Schlakse, die sich seit Kindesbeinen kennen und, beschreibt man deren Lebensauffassung eher positiv, unkonventionelle Wege gehen. Es ist das Jahr 1997, die Welt scheint noch in Ordnung zu sein und so können sich die vier, nennen wir sie ruhig Exoten, ihren eigenen Problemen und Zielen, beides ist eng miteinander verbunden, widmen.

Pläne werden geschmiedet, mangels Durchhaltevermögen und Kenntnissen wieder gekippt und ein scheinbar lukrativer Ausflug in die Immobilienbranche entpuppt sich letztendlich als eine bei Nacht und Nebel durchgeführte Rückführungsaktion ihres willigen, leider jedoch zu früh das Zeitliche gesegneten Angestellten.

Zwischen Weiber-, Verzeihung, Frauengeschichten, chemischen Substanzen, die zwar das Bewusstsein erweitern, allerdings den Bezug zur Realität verengen und einem Ausflug ins Ländliche, das sich weniger idyllisch als vielmehr tückisch herausstellt, siedelt Georg Thiel seinen Roman um die vier Protagonisten an.

Die Leser dieses Romans um vier sehr spezielle Charaktere sollten allerdings eines besitzen, die Fähigkeit, sich auf eine irrwitzige Geschichte einzulassen, die mit Sprachwitz und erstaunlichen Euphemismen aufwartet. Wer hätte gedacht, dass eine etwas reservierte Einstellung gegenüber bürgerlichen Werten wie dem Streben nach materiell lohnenswerten Dingen oder dessen negativem Bruder Faulheit auch als „Erwerbsgenügsamkeit“ oder „strategisches Abwarten“ bezeichnet werden kann?

„Nachtfahrt“, ein Roadtrip, der gekonnt auf der Grenze zwischen Skurrilität und Klamotte wandelt, jedoch niemals in letztere abgleitet. Lesevergnügen pur.




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Veröffentlicht am 15. April 2022