Buchkritik -- David Markson -- Wittgensteins Mätresse

Umschlagfoto, David Markson, Wittgensteins Mätresse, InKulturA Angeblich, so ein sich hartnäckig haltendes Gerücht des Literaturbetriebs, musste David Markson (verstorben 2010) es hinnehmen, dass das Manuskript seines - ja was ist dieses Buch eigentlich? - Romans erst 55 Mal abgelehnt wurde, bis sich ein verwegener Verleger fand, der es wagte, dieses eigentlich unlesbare und für jeden Leser eine Zumutung darstellende Horrorwerk auf den literarischen Markt der Eitelkeiten zu werfen.

1988 erstmals veröffentlicht und jetzt vom Berlin Verlag in deutscher Sprache herausgebracht, stellt sich für den Leser die Frage, warum ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt ein Buch auf den deutschsprachigen Markt kommt, dass so sperrig, so sinnfrei und dermaßen unlesbar daherkommt, dass einem nur die Luft wegbleibt.

Haben die zahlreichen "Schulreformen", deren Ziel immer nur in der Kaschierung des immer weiter absinkenden Niveaus deutscher Bildungsanstalten lag, hat die "Bologna-Reform" etwa die Gehirne dermaßen ausgespült, dass Marksons Anti-Roman "Wittgensteins Mätresse" gar als Meilenstein der Postmoderne gefeiert wird?

Was geschieht in diesem Buch? Nichts! Kate, oder doch Helen?, offensichtlich Malerin, erwacht eines schönen Tages und stellt fest, dass sie anscheinend der letzte Mensch - nach neuer Genderwahn-Diktion Menschin - auf der Welt ist. Sie reist durch die Länder der Welt, herrenlose - du meine Güte, noch so ein Überbleibsel aus Prä-Genderzeiten - Fortbewegungsmittel gibt es ja genug und macht eine Tour d`Horizont durch die großen Museen der Welt.

Sie hinterlässt Nachrichten auf den Straßen der Metropolen und delirierend monologisiert sie über Dichter und Denker des Abendlandes. Der Leser stellt sich spätestens nach Seite 20 die Frage, wo denn bitteschön der Sinn des Ganzen liegen soll. Ist es ein wahnsinniges Selbstgespräch einer zweifelsohne ehemals gebildeten Frau oder ist es die totale Verarsche des Lesepublikums?

Auf nahezu jeder Seite gibt es Sätze, die daran zweifeln lassen, ob der Autor im Besitz aller seiner geistigen Kräfte gewesen ist oder ob Markson nicht eher voll auf Droge war, als er dieses wirre Konglomerat in die Schreibmaschine gehackt hat.

"Hier, als ich dachte, die Möwe gesehen zu haben, war ich nicht wahnsinnig. So wusste ich, dass ich die Möwe nicht gesehen hatte" - alles klar? "Inzwischen habe ich keine Ahnung mehr, warum mich Rückspiegel daran erinnern sollen, dass ich eine bestimmte Depression fühlte, gestern." - auch klar? Mein persönlicher Favorit: "Wittgenstein wurde sehr wütend über Bertrand Russell, weil dieser ihn dazu gebracht hat, seinen Tag zu vergeuden." Erstens ist es einer der wenigen sinnvollen Sätze und zweitens kann ich nachfühlen, wie es Wittgenstein ergangen sein muss, als er seine Zeit - Russell und er schauten Alfred North Whitehead beim Rudern zu - verschwendete. Ging mir beim Lesen dieses Anti-Romans ähnlich.

Auf genau 336 Seiten quält David Markson seine Leser mit einer Impertinenz, dass es auch beim halbwegs gebildeten Leser zu Schwindelanfällen führt. Dieser Roman? ist kein Meilenstein, sondern viel mehr ein Mühlstein am Hals des Lesers.

Der Autor hätte sich in Bezug auf den Titel des Buches lieber an Wittgensteins Satz "Wovon man nicht sprechen kann darüber muss man schweigen" halten sollen.




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