Buchkritik -- Thomas Lehr -- 42

Umschlagfoto  -- Thomas Lehr  --  42 Für eine Besuchergruppe des Kernforschungszentrums CERN bleibt um 12:47 die Zeit stehen. Ihre Umgebung ist in eine Art Dornröschenschlaf gefallen. Dieses Phänomen ist auf ganz Europa bezogen. Thomas Lehr macht aus einer schriftstellerischen Herausforderung leider einen Roman, der seine Leser oft an die Grenzen ihrer Geduld führt. Gelingt es in der ersten Hälfte noch den immer wieder aufs neue beschriebenen Stillstandsberichten von Dingen, Menschen und Handlungen zu trotzen, so verliert der Autor in der zweiten Hälfte doch sehr den Faden seiner Handlung.

Schilderungen unappetitlicher Natur über Installationen weiblicher "Fuzzis", so die Bezeichnung der "eingefrorenen" Menschen aus dem Mund des Erzählers Adrian, deren Benutzung, sprich Vergewaltigung, wechseln sich mit pseudophilosophischen Betrachtungen über das Phänomen Zeit ab.

Der Protagonist des Romans, der Berliner Journalist Adrian wandelt durch den Roman wie ein Mann ohne Eigenschaften, der aber gut zu Fuß ist. Auf der Suche nach seiner Frau begibt er sich auf eine Wanderschaft, die ihn quer durch Europa treibt. Weshalb er dies macht, bleibt dem Leser auch nach wortreichen Erklärungen unverständlich. Will er fortan seine eigene Frau vergewaltigen oder hegt er die Hoffnung, dass sie als einzige vom Zeitstillstand verschont geblieben ist? Er findet sie, sehr unwahrscheinlich, in Florenz in Begleitung ihres Liebhabers. Überflüssig zu erwähnen, dass auch sie "Fuzzis" sind.

Der Roman kommt extrem zähflüssig daher und nur der eiserne Wille des Lesers kann dafür sorgen, dass man auch die letzte Seite erreicht. Die vielgepriesene Sprachkraft des Autors ist dabei eher ein Hindernis als eine Hilfe. Schnell wird der Leser der Aufzählungen eingefrorener "Fuzzis" müde. Der Aufenthalt in Luxusherbergen und die Positionen hilfloser weiblicher "Fuzzis" zur Befriedigung männlicher Lust nervt ebenso wie der prätentiöse Sprachstil, der zwar die Herzen von Feuilletonisten höher schlagen lässt, den Leser jedoch abstößt.

Das alles ist schade, denn die Idee des Romans ist brillant. Niemand verlangt von einem "seriösen" Autor die Fähigkeiten einen Science-Fiction Roman zu schreiben, doch sollte kein Autor sein Publikum vergessen. Thomas Lehr hat es jedenfalls nicht mitreißen können.




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