Buchkritik -- Ian Kershaw -- Hitler 1936 - 1945

Umschlagfoto  -- Ian Kershaw  --  Hitler 1936 - 1945 Im zweiten Teil seiner Biographie über Hitler beschreibt Kershaw die Jahre von 1936, dem Einmarsch Deutscher Truppen in das Rheinland, bis 1945, dem Jahr der Deutschen Kapitulation. Wer bereits den ersten Teil gelesen hat, der stellt an den zweiten hohe Ansprüche. Kershaw gelingt es, sie zu erfüllen.

Wieder besteht die zentrale Frage darin zu erklären, weshalb es einer Person wie Adolf Hitler gelingen konnte, ein kulturell hochstehendes Land wie Deutschland ins Verderben zu stürzen. Stand im ersten Teil primär das Verhältnis des politischen Emporkömmlings Hitler und der Deutschen im allgemeinen im Vordergrund, so befasst sich der zweite Teil überwiegend mit dem Verhältnis Hitlers zur Deutschen Wehrmacht und ihren führenden Offizieren.

Hitler gelang es in den Jahren bis 1936 das Deutsche Volk und was noch wesentlicher war, große Teile des politischen Establishments für seine Ziele zu begeistern. Ab dem Jahr 1936 geschah gleiches mit den leitenden Offizieren der Wehrmacht. Hitler, der es im ersten Weltkrieg nur bis zum Gefreiten gebracht hatte, übernahm den Oberbefehl über die Deutsche Wehrmacht. Den Generälen gelang es bis auf wenige Ausnahmen nicht, ihn in irgendeiner Weise zu beeinflussen. Dem politischen Willen Hitlers ausgeliefert, waren sie nicht dazu in der Lage eine, wie auch immer geartete, Opposition zu bilden.

In der überwiegenden Zahl trugen sie Hitlers Entscheidungen mit. Im Rußlandfeldzug sollte sich die militärische Inkompetenz Adolf Hitlers rächen. Trotz allem hielt die Führung der Wehrmacht aus Standesdünkel weiter zu ihm.

Kershaw beschreibt wiederum faktensicher und literarisch brillant den Weg Deutschlands in den Abgrund. Nach der Ausschaltung der innenpolitischen Opposition war der Weg frei für die Realisierung von Hitlers abstrusen Theorien. Millionen Menschen mußten mit ihrem Leben dafür bezahlen.

Kershaw gelingt es, im Gegensatz zu vielen anderen Autoren, die Fallen der psychologischen Analyse Hitlers zu vermeiden. Er hält sich in bewundernswerter Weise an die Fakten. Nur zum Selbstmord Hitlers liefert er eine, sehr logische und einleuchtende, Interpretation.

Kershaws monumentale Biographie über Hitler ist nicht nur ein Werk über eine geschichtliche Periode, sondern vielmehr auch eine Schilderung über die Verführbarkeit des Menschen. Für den Demagogen Hitler waren die Umstände günstig: der verlorene erste Weltkrieg, ungeheure Reparationsleistungen Deutschlands, politische Wirren in einer instabilen demokratischen Republik, die eigentlich niemand wollte und eine am Boden liegende Wirtschaft mit einer ungeheuren Zahl von arbeitslosen Menschen.

Jeder dieser Punkte für sich alleine betrachtet, ist keine erkennbare Bedrohung für die Stabilität eines Staates. Alle zusammen jedoch reichten aus, um Adolf Hitler an die Macht zu bringen und sein zerstörerisches Werk zu ermöglichen.

Wem wirklich daran liegt, sich mit dem dunkelsten Kapitel unserer Geschichte zu befassen, der sollte diese Biographie lesen.

Ganz besonders diejenigen, die immer noch den Geburtstag Adolf Hitlers feiern.




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