Buchkritik -- Jürgen Kaube -- Hegels Welt

Umschlagfoto, Buchkritik, Jürgen Kaube,  Hegels Welt, InKulturA „Immer, wenn ich --Phänomenologie des Geistes-- aufschlug, dachte ich, ich öffne die Fenster eines Irrenhauses.“ Dieser Ausspruch Schopenhauers mag ein Ressentiment gegenüber seinem erfolgreicheren Rivalen an der philosophischen Fakultät der Universität Berlin gewesen sein, denn im Sommersemester 1820 lehrten beide dort. Schopenhauer, vielleicht etwas zu sehr von sich eingenommen, legte sein Kollegium „Über die gesamte Philosophie oder die Lehre vom Wesen der Welt und vom menschlichen Geist“ in dieselbe Zeit, in der auch Hegel sein Hauptkollegium „Logik und Metaphysik“ vortrug. Letzterer hatte über 200 Zuhörer hatte, Schopenhauer dagegen nur fünf. Im folgenden Wintersemester 1820/21 und im daran anschließendem Sommersemester 1821 bot Schopenhauer keine Vorlesung an, da die Studenten lieber Hegels, wiederum zum selben Termin angesetzten Vorlesungen über „Ästhetik“ und erneut „Logik und Metaphysik“ besuchten.

In der Tat ist die Philosophie Hegels eine Herausforderung an das Denkvermögen und die Geduld deren, die ihn verstehend zu lesen bemüht sind. „Der Dunkle“, diese Titulierung steht zu Recht für dessen systemisches Gedankengebäude, das, wie es sogar ausgewiesene Hegel-Kenner etwas salopp umschreiben, bei manchen, dieses zu ergründen sich Bemühenden, zum Zweifel an den eigenen intellektuellen Gaben führt.

Wie dem auch sei, in einer Zeit großer politischer und wirtschaftlicher Veränderungen, technischer Erfindungen und wissenschaftlicher Entdeckungen war Deutschland weniger in diesem „Disziplinen“ führend, sondern man, genauer gesagt, Theologen und Philosophen (Hegel und Schelling) dachten, und im Fall Hölderlin, reimten sich die Welt zusammen.

Ersterer, nämlich Hegel, legte den Grundstein für das, was man heute wenig schmeichelhaft als Deutsche Krankheit bezeichnen kann, die sich vorwiegend darin manifestiert, nichts weniger als die Welt zuerst (monothematisch) zu erklären, um sie im Anschluss daran mit den unumstößlichen „Erkenntnissen“ und den daraus resultierenden Alternativlosigkeiten (Weltgeist) zu retten. Doch weg von den philosophischen Erben und zurück zum Urahn tiefer deutscher Gründlichkeit.

„Hegels Welt“, gesehen durch die Brille von Jürgen Kaube, der mit diesem mit fast 600 Seiten umfassenden Werk diesen nicht selten schwer verständlichen Philosophen des Deutschen Idealismus, den Versuch unternimmt, dessen Denken im historischen Kontext einem größeren, vielleicht auch nichtakademischen Leserkreis näherzubringen.

Was zumindest bei der historischen Verortung in einer Zeit der Umbrüche funktioniert, gelingt hinsichtlich der schwierigen Teste weniger, die zwar ausführlich zitiert werden, deren Aussagen, präziser ausgedrückt, deren Sinn deshalb allerdings den nicht mit Hegels Philosophie vertrauten Lesern trotzdem verschlossen bleibt.




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Veröffentlicht am 7. Dezember 2020