Buchkritik -- Iris Kammerer -- Der Tribun

Umschlagfoto  -- Iris Kammerer  --  Der Tribun Wer kennt sie nicht noch aus dem Geschichtsunterricht, die Schlacht am Teutoburger Wald, in der drei römische Legionen von den germanischen Provinzbewohnern unter der Führung des Cheruskerfürsten Arminius im Sommer des Jahres 9 vernichtet wurden. Iris Kammerer hat mit ihrem Roman Der Tribun diese Episode der römisch-germanischen Geschichte wieder aufleben lassen. Der römische Offizier Gaius Cinna bekommt den Geheimauftrag, den Statthalter Varus vor einem Verrat und einem möglichen Aufstand zu warnen. Doch er und seine Soldaten werden auf ihrem Weg dorthin angegriffen. Cinna überlebt als einziger und ist nun eine Geisel in der Gewalt eines cheruskischen Fürsten.

Dieser Roman, der erste einer Trilogie, besticht durch seinen überaus gut recherchierte historischen Hintergrund. Läßt der Titel den Leser noch auf einen römischen "Sandalenroman" schließen, so wird er durch den Inhalt und die überaus präzise Schreibweise der Autorin schnell eines besseren belehrt. Iris Kammerer versteht es, den Leser mit der Geschichte in ihren Bann zu ziehen. Er sieht und kann nachvollziehen, wie sich aus einem hochfahrenden Römer eine Sympathieträger entwickelt. Während seiner Gefangenschaft bei dem Cheruskerfürsten Inguiotar lernt er viel über die gegenseitigen Vorurteile und Mißverständnisse kennen.

Waren für Gaius Cinna vor seiner Gefangennahme alle Menschen jenseits des Rheins Barbaren, so differenziert sich seine Betrachtungsweise im Lauf der Zeit immer mehr. Auch bei den Mitgliedern des Stammes, der ihn als Geisel festhält, erwirbt er sich Respekt. Iris Kammerer versteht es meisterhaft, fernab von allen Klischees, den Beginn einer, am Anfang noch durchaus fragilen Beziehung zwischen Gefangenem und Geiselnehmer zu schildern. Ihre Figuren sind realistisch beschrieben. Sie haben Ecken und Kanten und sind herrlich geschilderte Individuen. Einmal mehr muß der Leser der genauen Recherche der Autorin Respekt erweisen. Er taucht ein in die Welt des Jahres 9 und lebt mit allen Widrigkeiten, aber auch allen Höhepunkten dieser Zeit. Die sich anbahnende Liebesgeschichte zwischen Sunja, der Tochter des Inguiotar und Cinna ist zwar vorhersehbar, doch sie gewinnt ihren Reiz aus der Sprödigkeit beider Charaktere.

Der Leser hat einen Roman vor sich, der sich bemerkenswert eng an die historischen Tatsachen hält. Er ist spannend, läßt dem Leser aber trotzdem viel Gelegenheit sich in die jeweilige Lage einzufühlen. Ein großes Kompliment an die Autorin. Der Roman macht Lust auf die weiteren Folgen.




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