Buchkritik -- José Antonio Marina -- Das Gottesgutachten

Umschlagfoto  -- José Antonio Marina, Das Gottesgutachten Eine gewaltige Aufgabe hat sich José Antonio Marina da gestellt. Nichts weniger als ein Gottesgutachten wollte er produzieren. Ein Philosoph als Experte für religiöse Angelegenheiten - es ist nicht das erste mal, daß dieser Versuch scheitert. Marina stolpert, wie so viele vor ihm und bestimmt noch mehr nach ihm, in die Falle, die sich jedem stellt, der versucht, die Religionen mit den Mitteln moderner (Geistes)Wissenschaft zu begründen.

Geradezu kläglich ist seine, das ganze Buch durchziehende Argumentation, daß Religion keine Begründung durch die Vernunft hätte, daß sie vielmehr eine ausschließlich emotionale und damit persönliche Angelegenheit der Menschen sei. Das wissen wir seit Kant und darüber streitet mit Ausnahme religiöser Fundamentalisten jeglicher Couleur auch niemand mehr.

Marinas Beobachtungsstand ist derjenige eines säkularen Betrachters, der es einfach nicht verwinden kann, welche Kraft in religiösen Ideen steckt. Man muß allerdings mit ihm einer Meinung sein, wenn er davon spricht, daß noch jeder institutionalisierte Glauben für Kriege und Gräueltaten verantwortlich gewesen ist. Zum Thema des weltweit zu beobachtenden Phänomens der Renaissance der Religion und hier besonders die des Islam, fällt ihm leider nichts ein.

Er sitzt etwas verträumt im Elfenbeinturm einer sich selbst aufgeklärt nennenden Philosophie, die für Schwärmereien, nichts anderes ist für ihm Religion, nur ein überlegenes Lächeln übrig hat. Zugegeben, er parliert auf sympathischem Niveau und verzichtet im Gegensatz zu vielen seiner anderen Bücher auf Zitate und Verweise aus seinen eigenen Werken, seine selbst gestellte Aufgabe verfehlt er jedoch um Längen.

Leider wird er seinem eigenen Anspruch nicht gerecht, mittels eines Gutachtens eine endgültige Klärung der von ihm gestellten Frage zu erreichen. Das kann ihm auch nicht gelingen, denn er scheitert schon beim Verständnis, bzw. Unverständnis dessen, was die eigentliche Kraft jeder religiösen Idee ausmacht. Vielleicht kann es ein zeitgenössischer Philosoph auch nicht begreifen, welche Macht das Bedürfnis des Menschen nach Transzendenz darstellt. Genau dieses, für den Menschen so konstituierende Verlangen ist es, welches ein "Gutachten" berücksichtigen sollte. Natürlich, und da kann man mit dem Autor konform gehen, ist es die Institution Kirche - egal welchen Glaubens, die paradoxerweise genau diesem Wunsch entgegen steht. Der Glaube in Dogmen gegossen und bereit, für den "richtigen" zu töten, ist genauso weit vom Verständnis dessen entfernt, was Transzendenz bedeutet.

Genau hier treffen sich beide, der säkulare Philosoph, der zum Schluß seines Gutachtens dem Glauben bestenfalls eine ethische Funktion zugesteht, und die religiösen -ismen, deren Bestreben es ist, den Menschen jeweils nach ihrem eigenen, kleinmütigen Bild zu formen.

Nietzsche hat es treffend formuliert, als er sagte, daß Gott tot sei - gestorben an seinem Mitleid mit den Menschen. Es gilt ihm, bzw. die transzendentale Idee für die er steht, wieder zu erwecken. Leider kann dabei weder die Philosophie nach die Institution Kirche mit ihren jeweiligen fundamentalistischen Eiferern helfen.




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