Buchkritik -- Franz Herre -- Die Fugger in ihrer Zeit

Umschlagfoto  -- Franz Herre  --  Die Fugger in ihrer Zeit Zeiten des Umbruchs stellen für manche Menschen einen Zwiespalt zwischen der Gegenwart und der Zukunft dar. Alte, bisher funktionierende Verhaltensweisen führen nicht mehr zum Erfolg. Schlimmstenfalls verhindern sie Besseres. Diese Zeiten zwischem Neuem und Altem bestimmen den Fortgang der Geschichte. Ein Mann, der in diesem Zeiten des Umbruchs lebte war Jakob Fugger. Mitte des 16. Jahrhunderts war er der reichste und mächtigste Kaufmann Europas. Mit Hilfe seines Geldes unterstütze er Könige und machte den Habsburger Karl V. zum deutschen Kaiser.

Trotz seiner wirtschaftlichen Erfolge und seiner Augeschlossenheit technischen Neuerungen gegenüber besaß er nicht die (vielleicht auch von einem Kaufmann nicht zu erwartende) nötige Sensibilität für die Veränderungen, die eine neue Zeit mit sich brachte. Renaissance und Reformation waren die bestimmenden Strömungen im frühen 16. Jahrhundert. Vom Wesen her eigentlich ein Renaissancemensch, schreckte Jakob Fugger doch davor zurück, mit seinem Einfluß und seinem Kapital die deutsche und europäische Politik neu zu definieren. Zu sehr blieb er im Grunde seines Herzens ein Kaufmann, dem nichts an gesellschaftlichen Veränderungen liegt, weil sie die Geschäfte stören würden. Das Geschlecht der Fugger war unter der Leitung von Jakob und nach ihm Anton Fugger reich und mächtig, dabei doch politisch konservativ.

Franz Herre zeichnet in seinem Band über die Fugger in ihrer Zeit ein Porträt dieser Familie. Er schildert ihre Verwicklungen und Verstrickungen und am Schluß auch ihre Abhängigkeit von den Habsburgern. Die Ausnahmegestalt Jakob Fuggers überragt alle anderen Familienmitglieder. Seine kaufmännischen Fähigkeiten führten die Familie an die Spitze der europäischen Handelshäuser. Filialen überzogen den ganzen Kontinent. Es gab keine politische Entscheidung an der Jakob Fugger nicht zumindestens finanziell beteiligt war.

Herre zeigt diesen Konflikt deutlich auf: einerseits das Bestreben nach politischer Sicherheit um gute Geschäfte machen zu können, andererseits das mehr oder weniger geschickte lavieren wenn es um gesellschaftliche Veränderung ging. Eines kann ohne Übertreibung gesagt werden: Hätte sich Jakob Fugger auf die Seite der Reformation gestellt, wäre die Geschichte Deutschlands und Europas anders geschrieben worden. Doch diese Spekulationen sind ohnehin müßig, denn die Gegenwart hält sich immer für klüger als die Alt-Vorderen. Dabei kann derjenige, der es versteht aus der Geschichte zu lernen, einige verblüffende Ähnlichkeiten mit der heutigen Situation feststellen.

Wer einen Einstieg sucht, um sich mit dem Leben und Werk dieses ohne Zweifel interessanten Mannes zu beschäftigen, der liegt bei Franz Herre genau richtig.




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